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Wüstenlager 3 – Wüstenlager 4

Donnerstag, 13.März 2014

Zu den Sanddünen des Lac Iriqi

Wanderung Lager 3 – Lager 4: 15,5 km; Wanderung zur Grand Dune und zurück: 4,5 km

Da es windstill war, haben wir die vergangene Nacht wieder draußen geschlafen. Vom prächtigen Sternenhimmel der Wüste haben wir trotzdem wenig gesehen, da der Mond unser nächtliches Lager hell beleuchtete.

Der neue Tag kündigt sich mit einem wunderschönen, pastellfarbenen Himmel an. Mittlerweile ist die Zeit zwischen Aufstehen und Abmarsch zur Routine geworden. Für unsere berberischen Begleiter ist sie das sowieso. Als Mohameds Ruf jallah (auf geht’s) ertönt, setzt sich unsere kleine Karawane in Bewegung.

Heute ist es warm und fast windstill. Jeder trottet gedankenversunken vor sich hin, der wiegende Gang von Idirs Dromedar Amar gibt das gemächliche Tempo vor. Einige hundert Meter links von uns zieht der Rest der Karawane seine Bahn.

Plötzlich helle Aufregung: Mohamed gestikuliert wild mit den Armen und ruft etwas hinüber zu den einige hundert Meter entfernten Männern. Jetzt sehen auch wir, was passiert ist: die Männer hatten die vier Dromedare aneinandergebunden, wie an einer Perlenkette aufgereiht. Die Männer führten die kleine Karawane an, einer von ihnen hielt die Leine des ersten Dromedars in der Hand. So bemerkte keiner von ihnen, dass sich die Leine des zweiten Dromedars von seinem Vorgänger gelöst hatte. Das erste Dromedar folgte seinem Führer, die restlichen drei blieben stehen. Die erste Aufregung machte bald einer allgemeinen Erheiterung und einem Gelächter über das Missgeschick Platz.

Heute ist Gelegenheit, einmal das Reiten auf einem der Dromedare auszuprobieren. Den Befehl zum Niederknien quittiert das Tier mit einem unwilligen Knurren. Sitzt man erst einmal oben, hat man durch die erhöhte Position einen guten Überblick, und der wiegende Gang wirkt so beruhigend, wie es von unten aussieht.

Gegen Mittag queren wir das Trockenflussbett der Drâa, das hier mehrere hundert Meter breit ist. Ab und zu sind Fahrspuren von Vierradfahrzeugen zu sehen.

Gegen zwei Uhr am Nachmittag erreichen wir unser heutiges Lager. Nach dem Mittagessen gönnen wir uns zwei faule Stunden. Dösen, Lesen, Spuren im Sand lesen, Schwarzkäfer beobachten – jeder macht das, wozu ihm gerade der Sinn steht.

Gegen fünf Uhr brechen wir zusammen mit Mohamed und Nabil noch einmal auf, um die nahegelegene hohe Düne zu besteigen und von dort den Sonnenuntergang zu beobachten. Wir befinden uns jetzt im Herzen der marokkanischen Sahara, ringsum Sanddünen, soweit das Auge reicht. Unterwegs unterweist uns Mohamed ganz nebenbei noch im Spurenlesen. Gegen sechs Uhr sind wir kurz vor dem Gipfel der Düne, auf dem sich noch ein paar andere Leute befinden. Da sie ziemlichen Lärm verursachen (warum um alles in der Welt muss man hier lärmen?), halten wir uns noch etwas abseits und betreten den Gipfel erst, als sie verschwunden sind. Wieder verschwindet die Sonne in einem schmutzig-gelben Dunstvorhang. Es wird rasch dunkel, aber der Mond steht schon am Himmel. Und dank Mohameds Ortskenntnis finden wir leicht zu unserem Lager zurück.

Die Männer unserer kleinen Karawane sind alle gläubige Muslime. Ihre Gebete – der Koran schreibt mindestens fünf pro Tag vor – verrichten sie einzeln, immer dann, wenn gerade ein paar Minuten Zeit sind. Dann geht der Betreffende ein wenig zur Seite, führt eine rituelle Waschung (mit Wasser oder Sand) durch, wirft sich auf die Knie (mit oder ohne Teppich) und preist mit leisen Worten Allah. Unauffällig, unaufdringlich, ohne jede Missionierungsabsicht.

Da kommt es dann schon mal zu einer ungewollt komischen Situation. Youssef hat ein Loch in den Sand gegraben, so dass eine Art kleiner Ofen entstanden ist. Er sitzt vor dem Loch, in dem ein kleines Feuer lodert, und bäckt Fladenbrot. Unser Koch Ismail sitzt neben Youssef und beaufsichtigt das Ganze. Da er gerade ein paar freie Minuten hat, tritt er wenige Meter zur Seite und verrichtet sein Gebet. Plötzlich springt Ismail auf und rennt zu Youssef. Der Gestik ihres Disputs entnehme ich, dass nach Ismails Ansicht beim Brotbacken etwas schiefzulaufen drohte. Dass das Brot gelinge, lag Ismail wohl mehr am Herzen, als Allah mit seinem Gebet zu huldigen. Ein sehr pragmatischer Islam, Allah wird es wohl gefallen haben. Und uns auch, denn das Fladenbrot ist köstlich.


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