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Marrakech

Sonntag, 9.März 2014

Marrakech - bunte Stadt im Herzen Marokkos

An diesem Sonntagmorgen herrscht angenehm warmes Wetter, nicht zu heiß, perfekt für unseren Einstieg ins marokkanische Leben. Frühstück auf der kleinen Dachterrasse unserer Pension, unten auf der Straße reges Treiben. Gegen halb sechs Uhr wurden wir das erste Mal geweckt. Der Muezzin rief alle Moslems zum Morgengebet. Da es nicht nur ein Muezzin war, sondern mindestens fünf an verschiedenen Orten, erinnerte der eintönige Singsang ein wenig an – man verzeihe mir den Vergleich – Katzenjammer.

Nach dem Frühstück begeben wir uns auf einen ersten Rundgang durch die Medina von Marrakech. Die Stadt ist bunt, laut, voll, quirlig. Im verwirrenden Geflecht der Gassen der Medina sich orientieren zu wollen, sollte man gar nicht erst versuchen. Mehrmals haben wir es mühelos geschafft, uns zu verlaufen. Exotische Gerüche, Farben und Geräusche fordern alle Sinne. Wasserverkäufer, Schlangenbeschwörer, herumschlingernde Eselskarren - Marrakech bedient alle Klischees, die man von dieser Stadt hat. Vom Menschenstrom durch die engen Gassen lässt man sich am besten treiben. Von vorn Mopeds, von hinten Mopeds, die sich gekonnt ans uns und aneinander vorbeischlängeln. Der oft recht aufdringlichen Angebote der fliegenden Händler auf den Suks erwehrt man sich am besten durch Ignoranz, wer Blickkontakt sucht, hat schon verloren.

In Marokko wird unserem Eindruck nach ein gemäßigter und toleranter Islam praktiziert. Im Straßenbild sieht man Frauen in langen Gewändern, mit und ohne Schleier oder Kopftuch. Daneben trifft man auf junge, europäisch-modern gekleidete Frauen. Eher selten sind Frauen, deren Gestalt von einer Burka völlig verhüllt wird. Männer in Djellaba (langes traditionelles Gewand) mit Vollbärten – so erzählt uns Mohamed - sind selbst von der einheimischen Bevölkerung nicht gern gesehen, erinnern sie doch zu sehr an Salafisten. Und das ist schlecht fürs Geschäft, schließlich lebt Marokko vom Tourismus. In Marrakech gibt es sogar ein Judenviertel, die Beziehungen zu dessen Bewohnern sind von Normalität geprägt.

Dass das tägliche Gebetsritual bisweilen einer gewissen Komik nicht entbehrt, werden wir an einem der folgenden Abende mitten in der Wüste erleben.

Die prächtige Mosquée de la Koutoubia beherrscht das Stadtbild. In den Gärten hinter der Moschee stehen unzählige Bäume mit Bitterorangen.

Mittags treffen wir uns mit Mohamed, der uns mit den Einzelheiten unserer Wüstentour vertraut macht. Mit dabei ist Ismail, unser Koch. Er hat stets ein freundliches Lächeln im Gesicht. „Wie geht’s?“, „Alles klar?“ und „Bayern München“ sind die einzigen deutschen Floskeln, die er beherrscht. Wenn Ismail wüsste, dass Fußball mich nicht sonderlich interessiert…

Für den Nachmittag hat Mohamed uns einen Stadtführer organisiert. Er spricht ausgezeichnet Deutsch, hat er doch einige Jahre in Deutschland gelebt und gearbeitet. Wir besuchen das Museum für Marokkanische Kunst (Dar Si Said) und die Saaditengräber (Tombeaux saadiens). In einem kleinen Laden in der Rue Oqba Ben Nafaa erholen wir uns bei einer Tasse Tee vom Trubel der Stadt und erfahren nebenbei Interessantes über verschiedenste Gewürze und Heilkräuter. Hier wird uns wieder einmal bewusst, wie spielerisch viele Marokkaner mit Fremdsprachen umgehen. Den Namen einer der Heilpflanzen, Garten-Schwarzkümmel (Nigella damascena ) kannte ich ja gerade noch, aber dass uns ein Marokkaner erklären muss, dass sie in Deutschland auch unter den Namen Jungfer im Grünen und Gretchen im Busch bekannt ist, fand ich etwas beschämend.

Im mondänen Restaurant El Bahia wollen wir den erlebnisreichen Tag beenden. Das Innere des Restaurants ist mit schweren Möbeln und prächtigen Teppichen ausgestattet, wir entscheiden uns aber für einen Platz auf der Dachterrasse. Urplötzlich kommt allerdings ein kräftiger Wind auf. Unermüdlich versucht unser Kellner stets aufs Neue, die erloschenen Kerzen auf unserem Tisch wieder zu entzünden. Schließlich ziehen wir in eines der halboffenen Zelte um, die man in weiser Voraussicht auf der Dachterrasse aufgestellt hat. Für das Dessert bittet uns der Kellner dann doch in die orientalisch anmutenden Gemächer im Innern des Hauses. Wohlgesättigt treten wir den Rückweg zu unserem Riad an. Essen und Trinken – das werden wir in den nächsten Tagen noch erfahren – besitzen in Marokko einen hohen Stellenwert.


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