nil

Cabanaconde - Puno

Sonntag, 10.Juni 2012

Vom Colca-Canyon zum Titicaca-See

Bei einem zünftigen Frühstück nehmen wir Abschied von Cabanaconde und dem freundlichen Personal unseres kleinen Hotels. Gegen acht Uhr sind wir am Mirador Cruz del Cóndor. Der Kondor (Vultur gryphus) ist mit einer Flügelspannweite von über drei Metern der größte Raubvogel der Erde. Kondore sind vorrangig Aasfresser, aber durchaus auch in der Lage, ein Schaf zu schlagen. Bei guter Thermik können sich die zehn bis zwölf Kilo schweren Vögel bis in Höhen von 5000 Metern tragen lassen.

Pünktlich gegen neun Uhr tauchen die ersten Kondore auf. Einzeln oder zu zweit segeln sie majestätisch über den Colca-Canyon, an dessen Grund, 1200 Meter unter ihnen, der Río Colca als dünnes Band zu erkennen ist. Leider gelingt mir kein wirklich gutes Foto von den Kondoren, aber das ist während des eine gute halbe Stunde dauernden „Shootings“ auch nicht zu erwarten. Dazu müsste man erst einmal die Gewohnheiten der Vögel studieren und danach einen optimalen Standort wählen. Und dafür ist leider keine Zeit.

Zwischen dem Cruz del Cóndor und Maca machen wir noch einmal Halt. In unerreichbarer Höhe kleben in den steilen Felswänden, riesigen Hornissennestern gleich, Gräber aus der Collagua-Kultur. In solchen Höhlen wurden auch die Colcas, Behälter für Getreide und Namensgeber für den Canyon, aufbewahrt.

Unser nächster Zwischenstopp ist Maca, ein Andendörfchen mit einer eindrucksvollen Kirche. Erst 1991 wurde Maca durch ein mit dem Ausbruch des Vulkans Hualca Hualca einhergehendes Erdbeben fast vollständig zerstört.

Die Menschen in Maca sind natürlich auf die durchreisenden Touristen eingestellt. Für ein paar Soles steht eine Indio-Frau mit ihrem Alpaka für mich Modell. Das Alpaka hingegen ist an allem anderen mehr interessiert, als an mir und meiner Kamera. Ständig dreht und wendet es seinen Kopf in eine andere Richtung. Als seine Herrin meine verzweifelten Bemühungen, den richtigen Moment für ein Foto abzupassen, erkennt, sagt sie ein paar Worte zu ihrem Alpaka, woraufhin dieses unverzüglich eine mustergültige Haltung einnimmt. Es muss wohl etwas in der Art „Jetzt schau endlich mal zu dem Herrn mit dem Hut, der will uns fotografieren“ gewesen sein.

Weiter geht es, vorbei an Chivay, wo wir zwei Tage zuvor mit unseren Mountainbikes eintrafen. Mühsam kämpft sich unser Bus die steile und kurvenreiche Bergstraße zum Patapampa-Pass hinauf. An der Oase Patahuasi legen wir abermals eine kurze Pause ein und lassen uns erneut den aus Cocablättern und Andenminze zubereiteten Tee schmecken.

Kurz nach der Oase Patahuasi macht die Carretera Interoceánica, die Verbindungsstraße zwischen Pazifik und Atlantik, einen Schwenk in Richtung Nordost. Die Landschaft ist von karger Schönheit, sie erinnert mich an Bilder, wie man sie von der Mongolei kennt. Aus den Lautsprechern unseres Busses tönt ruhige peruanische Musik, die perfekt zur Melancholie der Landschaft passt.

Kurzer Zwischenstopp an der Laguna Lagunillas (4179 m). Sie misst etwa 19 mal 6 Kilometer und ist von Bergen mit klaren, schnörkellosen Formen umgeben. Mächtige Wolkenformationen vervollständigen die eindrucksvolle Kulisse. In der Ferne können wir Andenflamingos, Andengänse und ein paar Teichrallen ausmachen.

Wir erreichen die Stadt Juliaca, bekannt durch ihre Strickwaren (Ciudad Calcetera, Stadt der Stricker) und, aufgrund ihrer Nähe zu Bolivien, als Stadt der Schmuggler. Wegen ihrer ungeschützten Lage auf der Hochebene trägt Juliaca auch den Beinamen Ciudad de Los Vientos, Stadt des Windes.

Nun ist es nicht mehr weit bis nach Puno, Hauptstadt der gleichnamigen Region und direkt am Titicaca-See gelegen, 3800 m hoch. Es war ein langer Tag. Wir checken in unser Hotel ein und besuchen noch ein kleines Restaurant, aber recht bald liegen wir in unseren Betten.


Zurück | Nach oben | Vor