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Watzmann-Ostwand - Auf dem Berchtesgadener Weg durch die höchste Wand der Ostalpen

6./7.Juli 1991

Originalfotos: Praktica MTL 3, Agfa CT 100

Digitalisierung: Reflecta ProScan 7200, VueScan Pro 9, Lightroom 5

Der Watzmann (2713 m) ist nach dem Hochkönig der zweithöchste Gipfel der Berchtesgadener Alpen. Nach Osten, zum Königssee mit St. Bartholomä hin, wird er durch die berühmte Watzmann-Ostwand begrenzt, mit 1800 m die höchste Wand der Ostalpen.

Die beiden bekanntesten Wege durch die Ostwand sind der Kederbacher Weg und der Berchtesgadener Weg. Letzterer ist von der Orientierung und Wegfindung her etwas einfacher. Beide Wege sind alpinistisch gesehen nicht schwierig, aber ihrer Länge und der objektiven Gefahren wegen ernstzunehmende Bergfahrten. Steinschlag und Wetterstürze sind schon guten Alpinisten zum Verhängnis geworden. Selbst wenn man den Gipfel erreicht hat, ist man noch nicht in Sicherheit. Auf dem langen Verbindungsgrat hinüber zum Hocheck haben sich bei schlechtem Wetter schon mehrere Tragödien abgespielt.

Es ist nicht unser erster Versuch, die Watzmann-Ostwand zu durchsteigen, schon zweimal hat uns Petrus einen Strich durch die Rechnung gemacht. Diesmal aber herrscht eine stabile Hochwetterlage, so dass unsere Chancen gut stehen. Außer mir sind Folker, Detlev, Volker und Thomas mit von der Partie.

Mit dem Boot geht es über den Königssee, schon bald grüßt das Postkartenmotiv von St. Bartholomä. Schnell bringen wir den Weg zur Eiskapelle hinter uns, wo man zum ersten Mal einen Blick auf die gewaltigen Dimensionen der Wand hat. Bei bestem Wetter erreichen wir nach etwa acht Stunden ohne Schwierigkeiten den Gipfel des Watzmanns.

Der lange Grat hinüber zum Hocheck ist nach der Durchsteigung der Ostwand noch einmal kräftezehrend. In der Schutzhütte am Hocheck verbringen wir ohne Schlafsack die eiskalte Nacht. Die ersten wärmenden Sonnenstrahlen des neuen Tages werden von allen sehnsüchtig erwartet.

Der lange „Hatscher“ hinunter zum Watzmann-Haus stellt bei heißem Sommerwetter eine besondere Herausforderung dar. Lange bevor man es erreicht, sieht man das Haus vor sich liegen, kann das kühle Bier schon förmlich riechen. Als wir endlich die Hütte erreichen und mit dem Glas in der Hand entspannt im Schatten sitzen, sind die hinter uns liegenden Anstrengungen schnell vergessen.

Der restliche Abstieg bis hinunter nach Königssee ist zwar lang, stellt aber keine besondere Herausforderung mehr dar. Da heute ein heißer Tag ist und wir alle Zeit der Welt haben, kehren wir an der Kühroint-Alm nochmals ein. Zufällig treffen kurz nach uns Leute ein, die uns schon im Schatten des Watzmann-Hauses unser Bier haben genießen sehen. Als sie an uns vorübergehen, höre ich den einen zum anderen sagen: „Da schau her, die ewigen Einkehrer…“