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Lima - Huacachina

Sonntag, 3.Juni 2012

Von Lima zur Oase Huacachina

Wir müssen früh aus den Federn. Das wird noch oft so sein in diesen drei Wochen, da ein umfangreiches Programm auf uns wartet und meist große Strecken zurückgelegt werden müssen. Schließlich ist Peru mehr als dreieinhalb mal so groß wie Deutschland.

Unser Bus verlässt Lima in südlicher Richtung. Die Garúa beschert uns neblig-trübe Aussichten. Diese für die peruanische und chilenische Pazifikküste typische Wettererscheinung äußert sich mal als dichter Küstennebel, mal als tiefe, hochnebelartige Wolkenschicht. Im Winter kann sich die Garúa oft wochenlang halten. Die Küstenwüste Perus, die die natürliche Fortsetzung der chilenischen Atacama ist, verdankt der Garúa die einzige Feuchtigkeit, Regen fällt hier extrem selten. Entsprechend kahl und vegetationslos sind die Berge und Sanddünen.

Tine, unsere Reisleiterin, erzählt uns einige wissenswerte Fakten über Peru. Tine ist eine junge Deutsche aus dem Breisgau, hübsch, intelligent und sehr sympathisch. Sie ist mit einem Peruaner verheiratet, lebt seit zwei Jahren in Cusco und übermittelt uns Informationen aus erster Hand. Besser hätten wir es nicht treffen können.

Unterstützt wird Tine von der ebenso jungen und nicht minder hübschen Peruanerin Allison. Allison kommt ebenfalls aus Cusco, spricht sehr gut deutsch und wird demnächst selbst Reisen bei Papaya Tours führen. Unter Tines Fittichen bekommt sie ihren letzten Schliff. Für uns hat das den großen Vorteil, dass wir zwei Reiseführer(innen) haben. Von beiden erfahren wir viel Wissenswertes über Land und Leute, immer aus erster Hand, aber dennoch aus zweierlei Blickwinkeln.

Südlich von Lima erstreckt sich die Küstenwüste, die an der Grenze zu Chile in die Atacama übergeht. Der kalte Humboldtstrom vor der Küste Südamerikas ist verantwortlich für die Garúa. Einige wenige, an die extreme Trockenheit angepasste Wüstenpflanzen beziehen ihre Feuchtigkeit aus dem Küstennebel. Landwirtschaft ist an der Costa nur dort möglich, wo die Flüsse, die das Andenhochland entwässern, schmale grüne Oasen geschaffen haben.

Tine erzählt uns von der Landflucht der Bevölkerung, wie die großen Städte, allen voran Lima, stetig wachsen. Zur Erschließung neuer Gebiete, wie hier südlich von Lima, schließt man sich zusammen, besetzt über Nacht Land. Nacktes, karges Land. Man baut provisorische Hütten, hisst eine peruanische Fahne und stellt dann Forderungen an die Regierung: Wasser- und Stromanschluss, Verkehrsanbindung, Eintrag ins Grundbuch. Nach ein, zwei Jahren wird dann ein solides Haus aus Steinen gebaut, und das ganze Procedere wiederholt sich an anderer Stelle, da die Bevölkerung ständig wächst. So entstehen immer neue Siedlungen, die pueblos jovenes.

Der Staat sieht meist tatenlos zu, kommt seiner Verantwortung, vorausschauend zu planen und für alle Zugang zu den Ressourcen zu schaffen, nicht nach. In Zeiten von Wahlkämpfen wird diese Siedlungspolitik oft instrumentalisiert.

An einer Tankstelle in Chincha Alta machen wir Rast. Interessiert beobachten wir das bunte Treiben entlang der Hauptstraße. Am auffälligsten sind die grellfarbenen, dreirädrigen Mototaxis. Zwischen zwei Fahrten werden sie von ihren Besitzern liebevoll gepflegt. Ein Taxi zu kaufen oder auch zu mieten ist in Peru eine vielgenutzte Möglichkeit, sich selbst einen Job zu verschaffen. Peruaner sind in dieser Beziehung sehr erfindungsreich. Wer gar nichts anderes hat, verkauft eben irgendetwas. Es ist zwar für uns als potentielle Käufer manchmal etwas lästig, wenn man zum zwanzigsten Mal einen Sonnenhut angeboten bekommt, obwohl man, gut sichtbar, bereits einen solchen auf dem Kopf trägt. Doch sollte man sich vergegenwärtigen, dass es für viele Peruaner oft die einzige Möglichkeit darstellt, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Wir fahren weiter in Richtung Süden, vorbei an Baumwollplantagen (hier wächst die qualitativ hochwertige Pima-Baumwolle), an riesigen Plätzen, wo Chilischoten zum Trocknen ausgebreitet sind. Gegen Mittag - der Küstennebel hat der Sonne inzwischen weichen müssen - machen wir Halt in einem kleinen Vorort von Ica. In einer Pisco-Brennerei erfahren wir Wissenswertes über das peruanische Nationalgetränk. Zum Mittagessen können wir die verschiedenen Sorten des hochprozentigen Getränks verkosten, doch wegen der drückenden Hitze lassen wir Vorsicht walten. Schließlich haben wir Gelegenheit, etwas von dem köstlichen, im Geschmack ein wenig an Grappa erinnernden Schnaps, käuflich zu erwerben.

Am späten Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel, die Oase Huacachina. Die Lagune der Oase wird von einem unterirdischen Andenfluss gespeist, der jedoch langsam zu versiegen droht. Die Dünen von Huacachina zählen mit 100 Metern Höhe zu den größten Perus. In den Dünen gibt es die Möglichkeit, an einer mit speziell ausgerüsteten Buggys veranstalteten Sandrallye teilzunehmen. Wir entscheiden uns indessen dafür, die direkt hinter der Oase emporstrebende hohe Düne zu Fuß zu erklimmen. Wüste, Motorenlärm und Abgasgestank gehören irgendwie nicht recht zusammen.

Das Ersteigen einer Düne ist - wer es schon einmal praktiziert hat, weiß das - ein mühsames Unterfangen. Gleichwohl eines, das sich lohnt. Vom Dünenkamm genießen wir einen fantastischen Ausblick auf die Umgebung. Auf den Dünen jenseits der Oase können wir das quirlige Treiben der Sandrallye beobachten. Langsam versinkt die Sonne am Horizont. In der Ferne zieht ein Lastwagen bei seiner Fahrt über die Sandpiste eine lange Staubfahne hinter sich her. Ohne Eile machen wir uns an den Abstieg zurück zur Oase, die still und friedlich im fahlen Licht des aufgehenden Mondes liegt.


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