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Lima

Samstag, 2.Juni 2012

Unterwegs in der Hauptstadt Perus

Es ist gegen halb sechs Uhr. Im Flugzeug sieht es aus wie in einem Feldlager. Kissen, Decken, Handtaschen, Trinkflaschen, Bücher, alles ist über die Sitze und den Boden verstreut. Irgendwo schreit ein Kind. Der peruanische Vater in der Mittelreihe mit seinen zwei Kindern, die nun endlich schlafen, hat wahrscheinlich seit gestern abend kein Auge zugetan. Die Menschen sehen müde und übernächtigt aus. Wir sind es auch, nach zwölf Stunden Nachtflug von Madrid nach Lima.

Am Abend zuvor waren wir in München gestartet. Bereits dort war uns ein jüngeres Pärchen aufgefallen, ähnlich funktionell gekleidet wie wir. Unsere spanische Maschine hatte gut eine Stunde Verspätung. Auf dem riesigen Madrider Flughafen eilen wir nachts um zwei Uhr, wegen der Verspätung in Zeitnot, durch die endlos langen, menschenleeren Gänge gemeinsam dem gleichen Ziel entgegen: dem Flieger, der uns nach Lima bringen soll.

Ich schaue aus dem Fenster. Trotz des Nebels ist die Küstenlinie, hinter der die Millionenstadt Lima liegt, gut zu sehen. Das Flugzeug ist inzwischen so tief gesunken, dass man Einzelheiten erkennen kann. Dichter Verkehr, wie wahrscheinlich in allen Metropolen um diese Zeit. Lima erwacht.

Am Flughafen empfängt uns Tine von Papaya Tours. Langsam finden sich die 15 Leute, aus denen unsere Reisegruppe besteht, zusammen. Draußen wartet bereits der Bus, der uns in unser Hotel Faraona im Stadtteil Miraflores bringt. Auf den Straßen herrscht reges Treiben, unser Bus kämpft sich tapfer durchs Gewühl des Berufsverkehrs.

Nach einem ordentlichen Frühstück folgt eine kleine Kennenlernrunde, jeder stellt sich und seine Erwartungen an die bevorstehenden drei Wochen kurz vor. Mein erster Eindruck: unsere Reisegruppe ist sowohl von der Altersstruktur als auch von der regionalen Herkunft und den Interessen her sehr ausgewogen. Ein Eindruck, der sich auf unserer gesamten Reise durch Peru bestätigen wird.

Dann geht es auf eine Stadtrundfahrt durch Lima. Der fehlende Schlaf der letzten Nacht macht zwar jedem zu schaffen, aber das Interesse auf alles Neue hält uns wach. Wir lernen unseren ersten lokalen Guide kennen. Egal mit welchem Reiseunternehmen, ob peruanisch oder international, man unterwegs ist, gilt die eiserne Regel: vor Ort führt ein lokaler Guide. Das klingt im ersten Moment restriktiv, ist aber eine vernünftige Lösung. Ein lokaler Guide kennt sich in der Regel am besten aus, zugleich gibt man auf diese Art und Weise einem Teil der ortsansässigen Bevölkerung die Chance, in Lohn und Brot zu kommen. Und gut ausgebildet waren alle Guides, die wir auf unserer Reise kennenlernten. Zudem sprachen fast alle ein ausgezeichnetes Deutsch. Beschämend für uns, die wir nur mit ein paar Brocken Spanisch aufwarten konnten.

Die Stadtrundfahrt führt uns hinunter an die Pazifikküste, in den Parque del Amor, zum Gran Hotel Bolivar, zur Plaza de Armas mit der riesigen Catedral de Lima. Die prunkvolle Ausstattung steht natürlich im Widerspruch zur verbreiteten Armut der peruanischen Bevölkerung. Aber wir werden auf unserer Reise erfahren, dass dieser Widerspruch für weite Teile der Bevölkerung nicht existiert. Ich habe noch in keinem anderen Land eine so tiefverwurzelte Gläubigkeit erlebt, wie in Peru. Gleichzeitig ist es für die meisten Leute völlig normal, wenn sie neben ihrem katholischen Glauben auch die aus der Inka-Zeit stammende Naturreligion praktizieren.

Das Kloster Iglesia y Convento San Francisco ist so groß und verwinkelt, dass man sich darin verlaufen kann. Die eigentliche Attraktion aber befindet sich in den erst 1951 entdeckten Katakomben des Klosters. Hier wurden Tausende von Toten bestattet, deren Gebeine in den düsteren Gängen ihre letzte Ruhestätte fanden.

Am Abend statten wir noch dem unweit unseres Hotels gelegenen Parque Central de Miraflores einen Besuch ab. Maler, Kunsthandwerker und andere Straßenkünstler hoffen, einige ihrer Werke an den Mann bringen zu können. In dem kleinen Amphitheater spielt eine Band peruanisch gefärbte Rockmusik, zu der Jung und Alt voller Enthusiasmus tanzen.


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