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Tag 9: Hornvík - Hlöðuvík

Freitag, 3.Juli 2009

Wanderung Hornvík - Hlöðuvík: 9,8 km

Das Wetter scheint es auch heute gut mit uns zu meinen, hoffentlich strapazieren wir Petrus' Geduld nicht zu sehr. Pünktlich zum Frühstück ist der Polarfuchs von gestern Abend wieder da, doch erneut geht er leer aus. Abgesehen davon, dass unsere Essensvorräte schon arg geschrumpft sind, wäre es keine gute Idee, Wildtiere zu füttern. Sie müssen sich um ihren Lebensunterhalt schon selbst kümmern.

Gegen elf Uhr verlassen wir unseren schönen Platz in Hornvík, unser heutiges Ziel ist die benachbarte Bucht Hlöðuvík. Um dorthin zu gelangen, müssen wir zwei Pässe, zwischen denen sich eine Hochfläche befindet, überwinden.

Der Weg führt am Strand entlang bis zur westlichen Begrenzung der Bucht. Ein Felssporn, der sich ins Meer hinausschiebt, muss landeinwärts umgangen werden. Eine steile Geröllrinne ist mit einem dicken Hanfseil versichert, das wir der schweren Rucksäcke wegen dankbar in Anspruch nehmen.

Als wir wenig später zurückblicken, sehen wir ein paar farbige Punkte unterhalb einer Felswand direkt am Strand. Es sind Wanderer, die offenbar an der Stelle vom Weg abgekommen sind, an der auch wir unschlüssig ob des Weiterwegs waren. Aber sie haben ihren Irrtum anscheinend schon erkannt und sind am Umkehren.

Als nächstes muss ein aus den Bergen kommender Fluss gefurtet werden. Diesmal können wir zum Glück auf einen Schuhwechsel verzichten. Quer über dem Fluss hat sich eine Menge Treibguts angesammelt, Holzbretter und Wellblechteile, wohl die Überreste eines Hauses, das einer der Frühjahrsfluten zum Opfer gefallen ist. Mit etwas Vorsicht gelangen wir auf dieser "Brücke" trockenen Fußes auf die andere Seite des Flusses.

Hinter dem Fluss führt ein kaum erkennbarer Trampelpfad anfangs über saftig grüne Wiesen, später über mit Moos und Flechten bewachsene Matten hinauf zum Pass Atlaskarð. Vor uns liegt eine weite Hochfläche voller Geröll- und Schneefelder. Unter dem Schnee gluckst das Wasser eines weit verzweigten Systems aus kleineren Rinnsalen und größeren Bächen. An den Rändern der in der Schneedecke befindlichen Löcher schimmert das Eis bläulich.

Die Hochfläche zieht sich bis hinüber zum nächsten Pass unterhalb des Skálarkambur. Dort angekommen bietet sich uns ein atemberaubender Tiefblick auf die Bucht Hlöðuvík. Hufeisenförmig umschließen um die 600 Meter hohe Berge die Bucht. Ein paar Holzhäuser (Buðir) wirken verloren in der weiten Landschaft.

In steilen Serpentinen führt der Weg hinunter in die Bucht. Neben einer kleinen Nothütte stehen noch zwei Holzhäuser, offenbar private Sommerhäuser. Auf der Veranda eines der Häuser liegen ein paar junge Leute auf Isomatten und genießen die warme Sonne. Wir errichten unser kleines Camp auf einer weiten Grasebene, ein paar hundert Meter von den Hütten entfernt. Das Wetter ist angenehm, am blauen Himmel stehen ein paar harmlose Wolken, und es weht ein mäßiger Wind.

Wir schlendern hinunter zum Wasser, und irgendjemand kommt auf die Idee, baden zu gehen. Lang hält es aber keiner in den Fluten der Grönlandsee aus. Eiskalt und voller Seetang sei das Wasser, berichten die anderen. Ich schenke mir mit Rücksicht auf den gerade überwundenen Infekt den Badegang.

Nach dem Abendessen kramt Ludwig seine Geheimreserven hervor, einen letzten Zigarillo. Er muss für vier Leute reichen, und um ihn bis zum letzten Zug auszunutzen, wird er mit Hilfe meines Leathermans geraucht. Gutes Werkzeug ist überlebenswichtig…

Am Abend nimmt der Wind zu und treibt vom Meer her dunkle, bedrohlich aussehende Wolken vor sich her. Kein gutes Zeichen.


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